Helmpflicht, Ride of Silence, Runter vom Gas und Co – Der Kampf hat längst begonnen
Am Mittwoch, den 20. Mai war Ride of Silence angesagt: Hunderte Radfahrer sammelten sich in zahlreichen Städten rund um den Globus, um gemeinsam den radelnden Opfer des Straßenverkehrs zu gedenken und für mehr Sicherheit für Radfahrer zu demonstrieren. Die Idee stammt aus den USA, wo bereits der 11. Ride of Silence zelebriert wurde, in Deutschland war es der erste (Schöne Bilder gibt es beim Bikeblogger). Ein weiteres Todesopfer in Berlin und die Ignoranz der Politik gegenüber diesem Problem lassen ahnen, dass es nicht der letzte war.
Sicherheit auf den Straßen
Jan Gehl ist einer der einflussreichsten Stadtplaner der Welt und er weiß, woran man eine lebenswerte Stadt erkennt. In einem beachtenswerten Interview mit der brandeins erklärte er:
„Schauen Sie, wie viele Kinder und alte Menschen auf Straßen und Plätzen unterwegs sind. Das ist ein ziemlich zuverlässiger Indikator. Eine Stadt ist nach meiner Definition dann lebenswert, wenn sie das menschliche Maß respektiert. Wenn sie also nicht im Tempo des Automobils, sondern in jenem der Fußgänger und Fahrradfahrer tickt. Wenn sich auf ihren überschaubaren Plätze und Gassen wieder Menschen begegnen können.“
Demzufolge hat Berlin trotz des ganzen Hypes noch etwas Nachholbedarf. Vorsichtig ausgedrückt.
Fahrräder vs. Autofahrer
Tatsächlich herrscht ein Kampf auf deutschen Straßen. Fahrradfahrer fühlen sich (zu Recht) benachteiligt, halten damit auch nicht hinterm Berg und werden schnell als Kampfradler gebrandmarkt. Die Autofahrer sind dabei stets die Bösen und die Art und Weise der Auseinandersetzung gleicht manchmal eher der Stimmung eines unterklassigen Fußballderbys mit übermäßigem Alkoholkonsum in der Mittagssonne und schlechten Schiris. Da wünscht man sich doch ein wenig mehr Sachlichkeit.
Und bessere Schiedsrichter. Denn bei aller Aktualität der Problematik ist eine echte Lösung nicht in Sicht. Am Thema Helmpflicht erregen sich die Gemüter. Aus der Sicht der Autofahrer wäre eine Helmpflicht begrüßenswert, aus der Sicht der Radfahrer würde sie lediglich Symptome bekämpfen und die wirklichen Probleme unbeachtet lassen – die absolute Bevorzugung des Automobils gegenüber dem Fahrrad.
Radwege des Grauens
Neben dem wirklich unerträglichem Zustand vieler Radwege ist vor allem die Verkehrsführung ein Alptraum. Radwege kommen oft erst kurz vor der Kreuzung wieder auf die Straße – wenn überhaupt. Beim Abbiegen sind wir Radler daher schwer zu sehen und immer wieder passieren gefährliche Unfälle. Während in den Zeitungen gerne von „übersehen“ gesprochen wird, kritisieren die Radfahrer diese Opferrolle, in die die Autofahrer geschoben werden.
Helmpflicht als Heilmittel?
Der ADFC, also der Allgemeine Deutsche Fahrradclub und sowas der ADAC für Radfahrer, spricht sich klar gegen eine Helmpflicht aus. Natürlich gibt es gute Gründe, einen Helm zu tragen und am Ende soll es jedem selber überlassen sein, ob und wie er sich gegen Unfälle schützt. Die Argumente gegen die Pflicht allerdings überwiegen. In Australien nahm die Zahl der Radfahrer dramatisch ab, ein falsches Sicherheitsempfinden führte zu risikoreicherem Fahren und rücksichtsloseren Überholmanövern. Und am Ende ist und bleibt es Symptombekämpfung.
Runter vom Gas mit falschem Fokus
Die aktuelle Kampagne vom Verkehrsministerium ist der Gipfel des ganzen „Missverständnisses“. Darth Vader, nicht unbedingt für sein sympathisches Politikverständnis bekannt, wird herangezogen um die Radler vom Tragen eines Helmes zu überzeugen. Na super. Fand zum Beispiel auf das Deutschlandradio. Ob die Gegenkampagne #BesserObenOhne nun die richtige Antwort ist, überlassen wir dem Kampfgebrüll der Twitterati.
Für uns jedenfalls geht es nicht um Entweder-Oder, sondern um die freie Entscheidung und die grundsätzliche Sicherheit, die jedem Verkehrsteilnehmer zukommen sollte. Radfahrer, Kinder, ältere Menschen – alle diese Gruppen sind auf unseren Straßen absolut vernachlässigt. So lange kein grundsätzliches Umdenken stattfindet, geht die Saga tatsächlich weiter. Obwohl wir Fans der tatsächlichen Star Wars Serie sind, wäre uns in diesem Fall nach einem möglichst baldigen und friedlichen Abschluss der ganzen Sache und eine reale Gleichberechtigung aller Verkehrsteilnehmer.
Das Bundesverkehrsministerium startet eine ungewöhnliche Kampagne zur Fahrradsicherheit. http://t.co/0fzG2aMdu6 pic.twitter.com/NZSTc7tbxs
— SPIEGEL ONLINE (@SPIEGELONLINE) May 19, 2015
#RideofSilence in Berlin – Fahrrad-Demo gedenkt tödlich verunglückten Radfahrern http://t.co/z3PqiqLNKf (VIDEO) pic.twitter.com/0L9UZXHlK1
— rbb-info (@rbbonline) May 20, 2015
#rideOfSilence #Berlin #StopKillingCyclists Es muss sich was ändern. pic.twitter.com/C8qWHXu8XH
— Critical Mass Berlin (@CMBerlin) May 21, 2015
#RideOfSilence #Hamburg Aktion am Fischmarkt in Gedenken an die 11 im letzten Jahr in HH verunglückten Radfahrer pic.twitter.com/41jA0uCN6M
— Radweg Hindernis(se) (@RadwegH) May 20, 2015
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